Zinsstrukturkurve wird wieder invers
Viele Marktteilnehmer blicken derzeit beunruhigt auf die stark abgeflachte und teilweise inverse Zinsstrukturkurve in den USA. Die Zinsstrukturkurve, kurz Zinskurve, ist die grafische Darstellung der laufenden Verzinsung von Anleihen unterschiedlicher Laufzeiten. Verläuft die Kurve flach, bedeutet dies, dass es zwischen kürzeren und längeren Laufzeiten einen nur geringen oder gar keinen Zinsunterschied (Spread) gibt. Verläuft die Kurve invers (umgekehrt), liegt die Verzinsung am „langen Ende“ niedriger als am „kurzen Ende“.
Zuletzt verlief die Zinsstrukturkurve über viele Laufzeiten hinweg invers. Die viel beachtete Zinsdifferenz 2- bis 10-jähriger US-Staatsanleihen rutschte am 1. April zum ersten Mal seit 2019 ins Minus. Auf den aktuellen Konjunkturzyklus bezogen scheinen die Marktteilnehmer zu erwarten, dass die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen angesichts der derzeit hohen Inflation zunächst kräftig anheben wird, dann aber wieder senken muss, weil sich die Konjunktur eintrübt.
Aktieninvestoren gibt derweil Grund zur Sorge, dass sich in der Vergangenheit inverse US-Zinskurven häufig als Indikator einer bevorstehenden Rezession in den Vereinigten Staaten erwiesen haben. Seit 1955 hat eine Invertierung der 2- bis 10-jährigen Zinskurve diesbezüglich nur einmal ein falsches Signal gesetzt. Die Aktienmarkterträge hängen maßgeblich vom Konjunkturzyklus ab der US-Leitindex S&P 500 etwa büßte in der Vergangenheit in Rezessionsphasen durchschnittlich mehr als 20 Prozent an Wert ein.
Auswirkungen auf den US-Konjunkturzyklus?
US-Notenbank-Chef Jerome Powell gab im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen dem aktuellen Verlauf der Zinskurve und einer bald drohenden Rezession jüngst Entwarnung: Er sehe noch kein Ende des aktuellen Konjunkturzyklus heraufziehen. Tatsächlich könnten inverse Zinskurven zwar auf eine bevorstehende Rezession hindeuten. In der Vergangenheit vergingen nach einer Invertierung der 2- bis 10-jährigen US-Zinskurve aber noch durchschnittlich 19 Monate bis zum Eintritt der USA in eine Rezessionsphase.
Seit 1980 erzielte der US-Leitindex zwischen einer Invertierung der Zinskurve und dem folgenden Rezessionsbeginn durchschnittlich Erträge in Höhe von 13 Prozent, in den ersten zwölf Monaten nach der Invertierung sogar in Höhe von durchschnittlich 20 Prozent. Allerdings war die globale Verschuldung in der Vergangenheit auch geringer.
Zinskurve als direktes Signal zum Verkauf?
Historisch gesehen scheint eine Invertierung der 2- bis 10-jährigen USZinskurve kein direktes Verkaufssignal für Aktien – das gilt weltweit. Sie könnte jedoch Hinweise auf die Ertragschancen bestimmter Regionen und Aktienmarktsegmente geben, etwa auf eine beginnende Outperformance von Substanzwerten („value“) gegenüber Wachstumswerten („growth“).
Meiner Meinung dürften Substanzwerte im Umfeld steigender Zinsen besser abschneiden als Wachstumswerte. Im aktuellen Zinsumfeld fällt besonders der günstige und zinssensitive USFinanzsektor auf. Dieser scheint sich mittlerweile unabhängiger von der 2- bis
10-jährigen US-Zinsstrukturkurve zu entwickeln: Korrelierte das Gewinnwachstum der US-Banken in den Jahren 1992 bis 2000 noch zu 80 Prozent mit der Zinskurve, so sank dieser Wert nach dem Platzen der Dotcomblase auf 20 Prozent.
Eine Invertierung der Zinskurve könnte zwar zu einer erhöhten Volatilität bei Bankaktien führen, aber nicht unbedingt zu fallenden Kursen. Im Gegenteil: USBanken sollten insgesamt bis auf Weiteres vom Zinsanhebungszyklus der Fed profitieren können und haben nach einem guten Jahresstart deutlich gelitten.
Nach einem guten Jahresstart haben Bankaktien in den USA deutlich gelitten. Bis auf die US-Bank Wells Fargo stehen alle großen amerikanischen Bankaktien seit Jahressart im Minus. Es ist wichtig, die US-Zinskurve im Blick zu behalten, aber nicht vorschnell zu reagieren. US-Aktien gehören langfristig für risikobereite Anleger weiterhin ins Depot.
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