![](https://boersen-aktien.news/wp-content/uploads/2022/03/cropped-Boersen-Aktien-News-Favicon-150x150.png)
Haben wir einen Bullenmarkt oder eine Bärenfalle?
André Stagge: Wir sind zwar offiziell noch im Bullenmarkt, zumindest wenn man die Statistik anguckt. Vom Tief sind wir so knapp 40% gestiegen, aber mit der Perspektive auf 2 Jahre, würde ich sagen, wir sehen noch mal einen deutlicheren Rücksetzer. Mindestens 20, 25%. Wie komme ich drauf? In der Market-Analyse, die Rentenmärkte, die warnen uns gerade richtig stark. Wir haben sehr stark übertriebenes Sentiment in den USA kauft ja quasi jeder Hausroll gerade Aktien und Optionen. Und auch von der Saisionalität in einem Bar-Jahr, würde ich sagen, die Märkte sind überfällig für eine Korrektur und wie schnell das gehen kann, das haben wir im letzten Jahr März gesehen oder auch 2022.
Florian Homm: Lustigerweise erleben wir geraden einen kleinen Mini-Rücksetzer, aber es ist halt buy the dip. Das läuft eigentlich schon seit 5 Jahren oder man könnte sogar noch sagen, noch länger. 63 Mal wurde jedes Mal eine Korrektur gekauft. Es kann ja nichts schief gehen. Im schlimmsten Fall kommt die FED und sprüht 25 sagehafte Billionen, also ungefähr 8 mal die deutsche Wirtschaftsleistung, in den Markt, an die Haushalte, an die gescheiterten Spekulanten. Ich sehe es also ähnlich wie Du.
Wie siehst du das Rezessionsrisiko in USA?
André Stage: Deutlich höher. Also Fakt ist, das Rezessionsrisiko ist deutlich runtergenommen worden. Anfang 2022 hatte jede Investmentbank gesagt, wir werden garantiert eine Rezession bekommen. Das ist jetzt vom Tisch. Wir haben auch keine richtige Soft Landing-Diskussion mehr in den USA, sondern wenn ich Bloomberg TV gucke, dann höre ich die Analysten und „Es geht weiter und wir haben Produktivität über KI. Dieses ’95er-, ’96er-Szenario, wo wir uns im Vorgespräch auch kurz unterhalten hatten, sehe ich de facto nicht. Die Haushalte sind extrem verschuldet. Wir haben Verschuldungen, die auch entsprechend sich bemerkbar machen, Kreditkartenausfälle et cetera. Wir haben jetzt ein ganz anderes Regime als in den letzten 15 Jahren nach Lehman Brothers. Warum? Weil die Zinsen gestiegen sind durch die Inflation. Deswegen glaube ich nicht, dass diese Rezession so schnell abzuwenden ist und auch das globale Wachstum ist schwach. Und wir überlegen mal, wir haben 5, 6, 7% gemessen am GDP, wo sich jeder Staat neu verschuldet und haben 2% Wachstum. Das ist ja eine Disbalance. Ich nehme sieben auf und schaffe nur zwei Wachstum. Das ist doch Quatsch. Das ist doch kein Modell, was langfristig funktioniert und dementsprechend rechne ich auch damit und das ist auch gut, so die Wirtschaft auch mal ein Stück weit nach unten läuft.
Florian Homm: Ich teile diese Meinung zu den Aktienmärkten, die sind sehr hochgepreist laut Nobel-Lauriat Schiller, auch Warren Buffet-Parameter und verschiedene andere Dividendenrenditen, egal was du nimmst, Kursbuchwert. Aber die Wall Street geht trotzdem davon aus, dass wir in eine fulminante Wachstumsphase gehen. Ansonsten hätten wir nicht Training, KGV-Auskursgewinnfeld, das wären die 30 teilweise. Aber ich sehe es so, dass wir durch diese Verschuldung und auch mehr Ideologien, mehr Einschränkungen, also Fleisch soll teurer werden, jeder braucht eine Wärmepumpe zu Hause, „Auto fahren soll eingeschränkt werden. Also das ist ein Sammelsurium. Das ist ein Crowding Out für mich. Das unterbindet auch höhere Steuern, bei Einschränkung auch die Wechselsteuer stark verschärft. Das heißt, der Markt erwartet aufgrund der aktuellen Bewertung starkes Wachstum. Ich sehe bestenfalls in der kommenden Dekade, moderates Wachstum.
Wie siehst du die Wirtschaftsentwicklung?
André Stagge: Wir haben im letzten Jahr, was für die Aktienmärkte über 20% sehr gut war, de facto für die Unternehmen null Wachstum gehabt. In den nächsten Jahre 6, 7% eingepreist beim GDP-Wachstum von 2%. Wie soll das passieren? Wie sollen die Unternehmen schneller arbeiten und wachsen als der Staat, der momentan massiv Schulden aufnimmt? Du hast das gesagt, die Verstaatlichung, sie wird immer größer, die Die meisten neu geschaffenen Stellen sind im privaten Sektor. Unternehmen, die gut laufen, das sind zum Beispiel gerade in Europa ja auch Rüstungsaktien. Ich meine, wer ist der Abnehmer? Das sind wir nicht als Privatperson. Ich stelle mir keinen Panzer zu Hause hin, sondern das sind die Staaten daran merkt man eben auch, wie dieses Spiel funktioniert. Das alles schafft keine Produktivitätszuwächse, anders als ‚1995, ‚1996, sondern wir haben momentan massive Produktivitätsrückgänge. Das ist langfristig nicht tragbar, das ist nicht haltbar. Deswegen ist eben die Korrektur überfällig. Warum ist sie noch nicht passiert? Ich glaube, sehr stark daran, dass wir erst das Narrativ der lockeren Geldpolitik hatten, was das Wir haben gesagt, die Notenbank, die FED steht mit dem Fed-Pot zur Seite. Das geht nicht mehr wegen Inflation. Die Überraschungen zuletzt waren deutlich immer wieder höhere Inflationszahlen. Die Fed hat ja von ihrer sehr drastischen Zinssenkungspolitik, die am Jahresanfang mit 7 Schritten eingepreist war, jetzt schon abgesehen, wir sind gerade bei 2,5. Einige sagen schon, gar keine Zinssenkung mehr, vielleicht sogar wieder Erhöhungen mal schauen, um Inflation zu bekämpfen. Der Staat ist ja zur Seite gesprungen. Die Fiskalpolitik, viele, viele Milliarden durch sehr viel Neuverschuldung, baut jetzt quasi diesen Wirtschaftszyklus weiter auf, aber der Zyklus ist am Ende. Er ist krank und die Alternative ist ja deutlich. Du hast gesagt, die Bewertungen sind hoch, das stimmt. 80% ungefähr, wenn man sich so eine Range anguckt, manche Aktien im Kaisierdirektor sogar noch höher. Nur anders als die letzten 15 Jahre ist, dass diese Aktien nicht nur hoch bewertet sind mit allen Messschreiben, die du genannt hast, sondern dass wir Alternativen haben. Und das habe ich als Asset Manager im Multi-Asset verstanden, dass du immer eine Wahl hast zwischen Aktien und Anleihen und die Anleihen sind gerade extrem attraktiv. Anleihen, aber auch Rohstoffe zum Beispiel, bieten eben Alternativen und deswegen denke ich, dass der Zyklus in den nächsten Monaten auch zu Ende geht.
Wow, krasse Ansage. Riecht das nach „Sell in May and go away?
André Stagge: Kurze Antwort: Ja.
Florian Homm: Okay, das sehen wir ähnlich. Ich freue mich für jeden Anstieg an den Märkten, weil ich werde mehr im Short verdienen, wie zuletzt der Corona-Krise in wenigen Wochen 58%, während der Markt 40% plus viel. Das sind schöne Ausgangspositionen. So, in diesem Szenario Gold. Gold ist super performant zu Zeit, aber korreliert eigentlich mit negativen realen Renditen. Das hat sich eine Schere aufgetan. Meine These ist, dass Gold so stark performt, weil wir unser Kriegseskalation, also unsere Analytics-Modelle sagen, ganz klar, man kann das auf GASA programmieren, man sieht den Ukraine-Effekt, man sieht Pelosi-Besuch in Taiwan. Also die Korrelation mit Gold ist zurzeit eher Krise.
Wie siehst du Gold? Würdest du das noch kaufen bei 2350?
André Stagge: Ich würde mich tatsächlich zurückhalten momentan. Ich mag asymmetrische Chance-Risiko-Verhältnis. Ich mag es, wenig einzusetzen und viel zu gewinnen. Genau. Und das vielleicht auch an alle, die denken: „Der Junge ist Short und „Oh Gott, oh Gott. Das heißt ja nicht, dass wir die ganze Zeit auf fallende Kurse setzen. Nein, auf keinen Fall. Das heißt, wir bereiten uns vor und wenn wir reingehen, haben wir ein sehr gutes Chance-Risiko-Verhältnis. Und die Märkte fallen halt deutlich schneller als sie steigen. Das, glaube ich, auch beim Gold.
Ich würde mich tatsächlich zurückhalten momentan. Ich mag asymmetrische Chance-Risiko-Verhältnis. Ich mag es, wenig einzusetzen und viel zu gewinnen. Und auch an alle, die denken: „Der Junge ist Short -Oh Gott, oh Gott“. Das heißt ja nicht, dass wir die ganze Zeit auf fallende Kurse setzen. Nein, auf keinen Fall. Das heißt, wir bereiten uns vor und wenn wir reingehen, haben wir ein sehr gutes Chance-Risiko-Verhältnis. Und die Märkte fallen halt deutlich schneller als sie steigen. Das, glaube ich, auch beim Gold.
Gehst du davon aus, dass wir wieder eine steigende Inflation bekommen?
André Stagge: Die Notenbank hat ja zwei Möglichkeiten: Entweder, sie lässt die Zinsen länger oben, Inflation zu bekämpfen und damit wird die Wirtschaft dann schwächer und man nimmt an, dass dann das Wirtschaftsrezessionsthema kommt und dadurch Inflation zurückgeht oder sie sagt: „Wir geben wieder Geld ins System, weil die Zinsen tiefer sind und wollen mehr Wirtschaftswachstum und dafür ein bisschen mehr Inflation. Ich glaube, dass die Notenbank am Ende des Tages schon Inflation bekämpfen wird, aber ein bisschen mehr Inflation auch toleriert. Der Punkt mit Inflation Expectation ist ja, dass ich gegen die Erwartungen setze und die EZB-Erwartung ist zum Beispiel, eine Inflation Ende nächsten Jahres bei 2%. Beim Wirtschaftswachstum so von 0,7, 0,8 fühle ich mich ein bisschen unwohl mit, ehrlich zu sein, weil ich glaube nicht an diese 2%, weil wir sehr viel Inflation Inflationen aus dem Service-Sektor haben. Ich glaube an steigenden Rohstoffpreise. Auch da hätten wir dann Inflation. Und ich glaube auch, dass die Geldpolitik, nachdem wir 15 Jahre fast eine Null-Zins-Politik hatten nach Lehman Brothers, dass die einfach nicht so schnell sich wieder transformiert. Und ja, Inflation ist ein geldpolitisches Thema. Mehr Geldmenge führt zur Inflation, aber nicht nur. Es ist auch ein reales Thema.
Deswegen gaube ich nicht mehr an dieses Narrativ der 2%, denn wenn man sich die letzten 45 Jahre anguckt, war die durchschnittliche Inflation bei 2,8% bis 2,9%.
Dann würdest du eher nicht langfristig Anleihen kaufen?
André Stagge: Ist für mich definitiv zu früh! Ich finde kurzlaufende Anleihen, gerade im Dollarraum oder bei Emerging-Markets, sehr interessant. Die Emerging-Markets ist auch das, wo ich am meisten Value sehe. Du hättest mich gefragt, das sind die Bewertungen am günstesten, auch von der Anleihenseite. Anleihen auf kurzer Sicht, langlaufende sehe ich nicht. Ich sehe auch, die US-Tresjury ist bei 5, vielleicht sogar 6% Rendite. Jetzt sind wir bei 4,6, aber die Inflation Expectation, die setzt wirklich nur darauf, dass eben die Inflationserwartungen falsch gepreist sind über die Forward Swaps oder eben über die Breakeven-Raten. Und da sehe ich eben, dass der Markt ganz anders als die reale Wirtschaft und jeder von uns im Gefühl eben sagt, wir haben 2% Inflation, aber eigentlich, dass bei zweieinhalb oder drei ist und das ist halt ein guter Value Trade, weil ich persönlich sehe jetzt keine Deflationen kommen, selbst wenn die Wirtschaft in die Rezession kommt. Warum? Wir haben den Service-Sektor, wir haben einen sehr starken Arbeitsmarkt, wir haben die Rohstoff-Preisinflation, wir haben die Lohnpreispirale, die es aus dem Arbeitsmarkt ergibt und wir haben eben einfach eine Phase nach 15 Jahren viel zu lockerer Geldpolitik, dass immer noch so viel Überhang im System ist, dass so ein bisschen Geldmengenreduktion, die wir gerade sehen durch die Notenbanken, bei gleichzeitiger Fiskalpolitik das nicht komplett aufwiegt.
Florian Homm: Also ist diese Ironie, wenn man sich die Daten genau anschaut, was in den letzten 18 Monaten unter Paul passiert ist in der Reduktion der Geldmenge der amerikanischen Zentralbank. Sie haben mehr Geld in den Markt gespült, die Banken bei den Anleihen Kollaps zu finanzieren und stopfen jetzt schon fleißig Geld wieder rein, im Bereich der gewerblichen Immobilien Löcher zu stopfen. Funny Shit.
Wie stehst du zu Bitcoin in dieser Marktphase?
André Stagge: Finde ich einen spannenden Markt. Ich war 2022 stark short. Ich habe da eine Drei-Daumen-Regel als Strategie, die auch bei mir in der Ausbildung zu Hause ist. Da war ich Short. Die letzten zwei Jahre bin ich tatsächlich Long. Ich denke, ist aber ein reines Momentum-Play. Ich würde mich schwertun, jetzt einen fundamentalen Wert in Bitcoin bei 100.000 oder einer Million zu sehen, ein Halving hin oder her, alles nett, aber ich glaube, der Wert aus Bitcoin bestimmt sich sehr stark über das psychologische Interesse mit Angebot und Nachfrage. Solange der Zug läuft, würde ich ja aufspringen, aber wenn wir jetzt zum Beispiel unter die Marke von 42.000 $ fallen, dann würde ich tendancell vielleicht sogar Short gehen. Aktuell bin ich da long. Ich sehe kein Deep Value, wenn du so willst, keine Investitionen für 10, 15 Jahre. Ich sehe aber ein sehr gutes Momentum-Play, was man machen kann.
Was hältst du von Value-Aktien?
André Stagge: Finde ich tendenziell eher spannend mit dem Marktbild, was ich schon gezeichnet habe. Generell mag ich auch günstige Bewertungen. Ich meine, das vergisst man ja schnell an der Börse im aktuellen Zyklus. Jeder kauft irgendwie gefühlt alles und da bist du ja auch ein absoluter Experte, was das Thema angeht. Und Aktien, die im Zyklus einfach günstig bewertet sind, aber ein gutes Geschäftsmodell haben, einen Cash-Flow haben, dadurch auch eine gute Dividende konstant zahlen können.
Was bist du Short?
André Stagge: Momentan tatsächlich langlaufende Anleihen im Zehn-Jahres-Bereich. Den Euro bin ich Short, den mag ich zurzeit überhaupt nicht. Macht ja auch irgendwie Sinn als Europäer, dass man nicht alles zu 100% hier in der Eurozone mag, gerade bei den Themen, die wir gerade haben.