Was passiert mit Aktien, Gold, Silber und Bitcoin, wenn die Zinsen weiter steigen?
In den letzten Wochen haben die Aktienmärkte dank der Zinserhöhung große Verluste erlitten. Dies war auch Thema auf der Invest Messe in Stuttgart, bei der ich auch einen Vortrag gehalten habe. Hauptthema auf der Messe war die Inflation. Denn wir haben aktuell eine höhere Inflation als wir Wirtschaftswachstum haben und das würde in eine Stagflation führen. Wenn man die Ursachen versteht, kann man das ein bisschen besser einordnen. Wir haben im Moment knappes Erdgas, knappes Erdöl und andere verschiedene Agrarrohstoffe werden auch teurer. Aber die Frage ist, ob nur temporär, weil manchmal steigen Preise zum Beispiel am Anfang von der Corona Pandemie. Damals hat eine Maske 8-10 Euro gekostet, mittlerweile liegen die kosten bei 30 Cent pro Maske, weil auch die Industrie darauf reagiert hat. Man hat das Angebot stark erhöht und die Inflation damit ausradiert.
Das gleiche Bild könnte auch bei Erdgas und Erdöl entstehen, würde hier mehr produziert werden. Jedoch gibt es in diesem Beispiel auch einige Effekte, die den Preis dauerhaft teuer halten können. Zum Beispiel wenn diese Wirtschaftsräume weiter getrennt bleiben, also insbesondere Russland und China und die EU sich da abkoppelt, dann ist auf absehbare Zeit nicht zu sehen, wie hier bestimmte Güter wieder billiger werden.
Wie sieht es mit der Nachfrage aus?
Das ist ganz wichtig, wenn die Inflationserwartungen in den Köpfen ist und dann die Nachfrage steigt, weil jeder denkt, das Geld auf der Bank bringt weniger als die Inflation. Ich muss es ausgeben, ich kaufe mir Gold, Silber oder ich kaufe mir ein neues Auto, ich kaufe mir dieses und jenes. Hauptsache, dass das Geld nicht kaputtgeht. Wenn wir diese Inflationserwartungen bei der Nachfrage haben, dann gibt es ein Problem, debn dann gibt es eine Spirale, Inflationserwartungen schafft Inflation, weil die Leute immer mehr Geld ausgeben und Güter kaufen. Die Löhne steigen, alles steigt und das gilt es unbedingt zu vermeiden. Deswegen ist die Notenbank jetzt so aktiv und redet zum Beispiel die Wirtschaft stark und erhöht die Zinsen. Würden die Notenbanken nicht reagieren, würde sich der Glaube bei den Leuten immer mehr durchsetzten, dass es eine dauerhafte Inflation ist und der einzige Weg, sein Geld nicht komplett zu verlieren ist Güter zu kaufen.
Ein Blick auf die 10-jährigen Zinsen
Seit 1980 haben wir fallende Zinsen gesehen mit immer neuen Tiefs. Rein von der Charttechnik der 10-jährigen Zinsen wäre Platz für einen Anstieg auf 6-10 Prozent. Dieses Szenario wäre dann für Anleihen spannend, diese sind damit nämlich wieder attraktiv. Die ersten Opfer dieses Zinsanstiegs sind die Firmen, die Kredite werden teuerer in der Finanzierung und das macht sich schnell bemerkbar.
Wie steht der S&P in diesem Umfeld da?
Der Leitindex S&P 500 hat in den letzten Wochen stark gelitten. Die wichtigen Chartmarken wie die 200-Tage-Linie und die 350-Tage-Linie wurden längst unterschritten. Seit Jahresanfang haben wir 20 Prozent verloren und bilden weiterhin neue Tiefs. Noch befinden wir uns nicht offiziell in einer Rezession, da wir noch Wirtschaftswachstum haben. Doch gemessen an früheren Verlusten durch eine Rezession befinden wir uns schon in solch einem Umfeld. Die letzten 2 Jahre sind die Börsen sehr gut gelaufen, gerade die neuen Anleger sind mit der aktuellen Schieflage im Depot nicht vertraut. Diese negative Stimmung sorgt natürlich auch für große Mittelabflüsse allein in den USA mit 44 Milliarden US-Dollar Abflüsse aus Aktienfonds und 40 Milliarden US-Dollar aus Anleihen. Diese Abflüsse gab es die letzten Jahrzehnte eher selten und das ist auch die Besonderheit von der jetzigen Situation. Es ist eher eine Liquiditätskrise, denn auch Gold alles fällt schon wieder gleich und nur noch alles in kurz laufende Anleihen geht von hoher Bonität vor allen Dingen US Dollar.
Bitcoin die Rettung?
Für Frau Lagarde ist der Bitcoin wertlos, keine Basis. Aktuell sehen wir im Bitcoin auch keine Basis, sondern eher die Analyse von Garrett Holloway, einem sehr guten Trader, der ein Kursziel im Bitcoin auf 20.000 sieht. Das ist nicht mehr weit und durch die Schulter Kopf Schulter Formation ist sogar die Marke von 12.000 realistisch.
Was sagt das Bild bei Gold und Silber?
Gold und Silber haben ein Jahrestief in der Bilanz der Comex erreicht. Nur noch 80,5 Millionen Unzen Silber sind vorhanden. Gibt es hier also weitere Abflüsse, was bedeutet das Silber weiterhin gekauft wird, auch ich gehöre hier dazu. Es ist bemerkenswert, das Silber so gekauft wird, obwohl es aktuell eher eine Seitwärtsbewegung bei Silber gibt.
Gold im Vergleich zum Bitcoin oder den Aktien hat weniger seit Jahresanfang verloren. Aktuell befinden wir uns auch in einer saisonal schwachen Zeit für Gold, möchte man hier also langfristig investieren, kann es sinnvoll sein, die schwachen Monate Mai und Juli abzuwarten. Doch langfristig wie auch bei Silber ist für mich das Bild positiv.
Keine Grenze bei Zinserhöhungen?
Es wird große Schäden mit den Zinserhöhungen geben, allein die Immobilien werden leiden. Wer jetzt eine Immobilie für mehrere 100.000 Euro erworben hat mit einem Kredit von 2-3 Prozent, der muss bei Neufinanzierung des Kredits 5-6 Prozent Zinsen begleichen. Das können schnell 10.000-20.000 Euro mehr pro Jahr sein. Eine Steigerung um das Doppelte kann für manche Immobilienbesitzer schon das Ende bedeuten. Genau dieses Szenario hatten wir 2008 in den USA ein Zusammenbruch des Immobilienmarktes.
Steigenden Zinsen sind auch für andere Länder problematisch, vergleicht man die Italienischen mit den Deutschen Anleihen sehen wir hier einen Anstand von knapp 2 Prozent. Also wenn man sich hier in Deutschland für 2 % verschulden kann, dann kostet es in Italien schon 4 % und da sind die Firmen auch nicht so Liquide. Dies kann sowohl Firmen als auch Staat schnell in Bedrängnis bringen. Die Märkte haben die Zinserhöhungen weitestgehend eingepreist doch verglichen mit früheren Erhöhungen sollte bei 3-5 Prozent eine Grenze erreicht sein, um die Märkte und andere Sektoren nicht weiter zu schädigen.
Fazit
Aktuell haben wir in allen Breichen ein negatives Sentiment. Wir sehen zum Beispiel bei den Anleihen hier, die wirklich stark gefallen sind, dass wir hier schon vom Sentiment her an einem Punkt sind, wie wir es seit einem Jahr nicht mehr waren. Wenn sich die Anleihen jetzt wieder etwas fangen würden, die Zinsen wieder ein bisschen runterkommen würden, wäre das natürlich eine große Überraschung. Dann würden die Aktien wieder Auftrieb bekommen. Inflation ist eigentlich von zwei Faktoren abhängig von Angebot und Nachfrage. Das Angebot kann die Federal Reserve nicht so stark steuern. Durch Corona und den Krieg ist das Angebot begrenzt worden. Die Energiepreise bleiben weiterhin hoch, da hier das Angebot nicht schnell genug erhöht werden kann. Das heißt, es wird knapp bleiben. Das einzige Steuerungsinstrument, was die Fed dann in der Hand hat, ist, die Inflationserwartungen zumindest aus den Köpfen zu bekommen. Das schafft sie nur, indem sie ein kleines Blutbad anrichtet oder zumindest für eine Korrektur sorgt an den Aktienmärkten, um einfach die Inflationserwartungen aus den Köpfen zu bekommen. Dann nimmt sie vielleicht lieber noch eine Krise in Kauf oder vielleicht sogar eine Rezession. Aber wenn sie das laufen lässt, dann könnte das irgendwann mal überhaupt nicht mehr zu halten sein. Dies führt natürlich kurzfristig dazu, dass alle möglichen Gruppen leiden.
Aktien, Bitcoin haben wir gesehen, Silber und Gold. Wir haben gesehen, dass die Anleger trotzdem dem Silber treu bleiben. Hier lässt sich auch einfacher durch dick und dünn gehen, da Silber einen Sachwert darstellt. Sachwerte halten sich in so einem besser als Wachstums Aktien. Kurzfristig sind die Aktienmärkte etwas überverkauft und es könnte durchaus bald wieder höher gehen. Insgesamt hat diese Notenbankpolitik natürlich ihre Grenzen, weil je höher man das hier durchzieht, desto größer sind die Schäden, die man ja auch vermeiden will. Ebenso in der Realwirtschaft, nicht nur in den Aktienbörsen.